Eine Bilderstrecke in schwarz-weiß von Fotografin Alexandra Jungbauer
Der Wiener liebt sein Kaffeehaus wie sein Zuhause. Seit 16. März bleibt uns aufgrund der weltweiten Corona-Pandemie jedoch jeglicher Zugang zu diesen, uns Wienern, so „heiligen Hallen“ verwehrt. Melange und Kuchen schmecken zu Hause lang nicht so gut wie in Gesellschaft. Und sei es auch nur der grantige Kellner, der uns mit Widerwillen die heisse Bohne serviert (und den wir ab 15. Mai sicher wieder mehr zu schätzen werden wissen). Wobei die Liebe zum Kaffeehaus nicht nur uns Wienern vorbehalten ist.
Man denke zum Beispiel an die Salzburger, die ohne ihre Traditionscafés „Tomaselli“ und „Bazar“ (nebst „Fürst“ und „Sacher“) auch nicht sie selber wären. So wie die Grazer ohne ihr „Operncafé“ oder den nicht minder beliebten Cafés „König“, „Sacher“ und „Philipp“. In jedem dieser aufgezählten Cafés habe ich bereits als Kind meine Mehlspeis verputzt, während meine Großeltern oder Eltern genüsslich an ihrer Melange oder dem Verlängerten nippten. Jeder Österreicher hat quasi sein eigenes „Gretzlcafé“. Und das ist gut so. Nachdem unser gesellschaftliches Leben 2020 ein uns völlig fremdes Ausmaß erreicht hat, ist die Vorfreude auf die Wiedereröffnung der Kaffeehäuser und Gastronomie am 15. Mai umso größer.
Immerhin gehört das „Wiener Kaffeehaus“ seit 2011 zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO und ist als gastronomische Einrichtung ein nicht wegzudenkendes Stück Österreichischer Tradition.
Alexandra Jungbauer hat für uns einige ihrer Lieblings-Kaffehäuser festgehalten. Die Fotografin aus Oberösterreich arbeitet in Wien und genießt ihre Mittagspausen am liebsten ebendort.
„Für das gesellschaftliche und teilweise auch für das geschäftliche Leben von Wien sind die Kaffeehäuser von der höchsten Bedeutung. Das ‚Stamm-Kaffeehaus‘ ist ein Zusammenkunftsort.“
Café Sperl
Gumpendorfer Str. 11, 1060 Wien
„Im Kaffeehaus beschreibst du mir deine Vorstellungen von der Liebe.
Peter Turrini
Das Wichtigste sei die Aufrichtigkeit und die Treue.
Ich bin bereit deine Vorstellungen ganz und gar zu übernehmen
wenn nur dein Knie nie aufhört das meine zu berühren.“
Café Tirolerhof
Führichgasse 8, 1010 Wien
„Der Kaffee ist das Sinnbild der Liebe. Man liebt ihn brünett, blond oder schwarz, aber durchgängig heiß.“
Unbekannt
Café Central
Herrengasse 14, 1010 Wien
„Es stellt eine Institution besonderer Art dar, die mit keiner ähnlichen der Welt zu vergleichen ist. Es ist eigentlich eine Art demokratischer, jedem für eine billige Schale Kaffee zugänglicher Klub, wo jeder Gast für diesen kleinen Obolus stundenlang sitzen, diskutieren, schreiben, Karten spielen, seine Post empfangen und vor allem eine unbegrenzte Zahl von Zeitungen und Zeitschriften konsumieren kann.“
Unbekannt/Wikipedia
Café Prückel
Stubenring 24, 1010 Wien
„Die beste Methode, das Leben angenehm zu verbringen, ist, guten Kaffee zu trinken. Wenn man keinen haben kann, so soll man versuchen, so heiter und gelassen zu sein, als hätte man guten Kaffee getrunken.“
Unbekannt
Café Alt Wien
Bäckerstraße 9, 1010 Wien
„Kaffee fördert die Potenz. Nach 10 Tassen Kaffee kann man die zitternden Hände sehr gut beim Vorspiel einsetzen.“
Harald Schmidt
Café Eiles
Josefstädter Str. 2, 1080 Wien
„Der Kaffee muss schwarz sein wie der Teufel, heiß wie die Hölle, rein wie ein Engel und süß wie die Liebe.“
Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord
Café Schopenhauer
Staudgasse 1, 1180 Wien
„Kaffee ist eine Gabe für die Menschheit, denn Kaffee verbindet, Kaffee unterhält und Kaffee bildet!“
Hauke Bielefeld
Café Jelinek
Otto-Bauer-Gasse 5, 1060 Wien
Café Korb
Brandstätte 7/9, 1010 Wien
„Der Kaffee muss so heiß sein wie die Küsse eines Mädchens am ersten Tag, süß wie die Nächte in ihren Armen und schwarz wie die Flüche der Mutter, wenn sie es erfährt.“
Arabisches Sprichwort
Café Westend
Mariahilfer Str. 128, 1070 Wien
Wie haben die braunen Bohnen eigentlich ihren Weg nach Wien gefunden?
Einer Legende nach, ist die Idee zur Verarbeitung von Kaffeebohnen auf einen Viehhirten zurückzuführen, dem das unruhige Verhalten seiner Tiere aufgefallen war. Sie hatten wohl die belebenden Bohnen von einem Busch genascht.
Geröstet, gemahlen und mit heißem Wasser aufgebrüht, setzte sich Kaffee, wie wir ihn kennen, zunächst in der arabischen Welt durch. Sogenannte „Kaffeeschänken“ wurden zu beliebten, gesellschaftlichen Treffpunkten. Die Wiener mussten bis zum Jahr 1683 auf ihren Kaffee warten.
Nach der Belagerung Wiens durch die Türken und deren Abzug fand man in ihrer Hinterlassenschaft einige Säcke mit Kaffeebohnen, die man dem Kämpfer Franz Georg Kolschitzky überließ. Mit Erlaubnis für den Ausschank von Café konnte schließlich zwischen 1783-1785 das erste „Wiener Kaffeehaus“ seine Pforten öffnen. Eine andere Legende, und diese dürfte wohl stimmen, besagt, dass der Armenier Deodato 1685 das erste Kaffeehaus in Wien (Rotenturmstraße 14) eröffnet haben soll.
Um 1900 gab es in Wien 600 Kaffeehäuser, heute sind es an die 1200 Cafés aller Art, darunter 1000 Espresso-Bars und über 200 Café-Konditoreien.
Den Wiener Frauen wurde übrigens erst ab 1856 der Zutritt in die Kaffeehauswelt gewährt. Also doch gut, 2020 zu leben.
Kaffeehaus-Szenerie
Zu guter Letzt hänge ich noch ein paar meiner eigenen Kaffeehaus-Fotos von 2019 an.
Café Savoy
Linke Wienzeile 36, 1060 Wien
Virtuelle Ausstellung
(Bitte Foto anklicken zum Vergrößern)