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Pure Lebensfreude bei „SWEET CHARITY“

Glaube, Liebe und ganz viel Hoffnung

Mit Cy Colemans‘ buntem Broadway-Klassiker „Sweet Charitystartete die Wiener Volksoper am vergangenen Sonntag unter der Regie von Johannes von Matuschka in ihre neue Spielsaison.

Nach sechs Monaten coronabedingter Spielpause und einer allgemein latent hohen Talsohle kommt dieser Broadway-Klassiker genau zum richtigen Zeitpunkt. Während wir bereits in die zweite Welle der höchst kulturfeindlichen Corona-Pandemie schlittern, verkörpert Musicalstar Lisa Habermann das gutgläubige Escort-/Revuegirl Charity Hope Valentine mit einer solch ansteckenden Lebensfreude, dass man das „gekrönte“ Elend außerhalb der Volksoper-Mauern, zumindest für die Dauer der Aufführung, zu vergessen vermag.

Denn hier geht es einfach nur um ein Mädchen, dass trotz ihrer zahlreichen „Beziehungs-Waterloo’s“ (der letzte Lover wollte sie wegen ein paar Bucks sogar im See ertränken!), nie den Glauben an die große Liebe verloren hat. Sie glaubt, sie liebt, sie hofft. Ödön von Horváth hätte wohl seine Freude an Sweet Charity gehabt, die den „Totentanz der Liebe“ Dank ihres unerschütterlichen Optimismus in einen „Tanz der Lebensfreude“ verwandeln kann.

Seit Jahren im Fandango Ballroom als Amüsiermädchen „gefangen“, wünscht sich Charity, wie einst schon Cinderella, einen netten Kerl (= der obligatorische Märchenprinz), der sie mit seiner aufrichtigen Liebe aus ihrer Misere befreien kann.

Und wie es der Zufall so will, trifft Charity die große Liebe nicht auf einem weißen Ross im Zauberwald, sondern just da, wo man es am wenigsten erwarten würde: am Arbeitsamt. Zusammen in einem defekten Aufzug eingesperrt, verhilft sie dem panisch-neurotischen Oscar Lindquist (köstlich überspannt: Peter Lesiak) zu neuer Selbstsicherheit. Wagemutig lädt er „Sweet Charity“ nach überstandener „Lift-Zwangslage“ zur gemeinsamen Sinnsuche in Daddy Brubecks „Puls des Lebens-Kirche“ ein. Drew Sarich legt hier als gottesgleicher Guru („yummy, yummy“) einen Auftritt der Superlative hin. Was für eine Show! Was für eine Stimmung!

Die aus zwei komplett verschiedenen Welten stammenden New Yorker werden – no na ned‘ – ein Paar. Charity kann ihr Glück kaum fassen, schiebt die von ihren Freundinnen prophetisch angekündigte unabwendbare Aussprache bezüglich ihrer Escort-Arbeit erfolgreich beiseite, bis sie schließlich nicht mehr anders kann. Es kommt zur Konfrontation, doch Oscar weiß bereits von ihrem „Job“ und macht „Sweet Charity“ dennoch einen Heiratsantrag.

Was aussieht wie ein Märchen-Happy-End wendet sich für Charity am Ende erneut zu einer Liebes-Pleite. Bei einer von ihren Kolleginnen organisierten Abschiedsparty im Fandango Ballroom gesteht Oscar Charity schließlich, dass er seine Eifersucht nicht überwinden kann und lässt die Hochzeit platzen. Anstatt jedoch in Selbstmitleid und Liebeskummer zu verfallen, steht Charity auf, richtet sich das imaginäre Krönchen und geht weiter. Wenn auch alleine. Und dann wird es schwarz.

Generell muss man dem „Charity“-Ensemble für seine spektakulären Tanzeinlagen danken, allen voran Bob Fosses „Rich Man‘s Frug“, die hier als funkelnde „Discokugel-Nummer“ zelebriert wird (Choreographie von Damian Czarnecki/ Kostüme von Tanja Liebermann: Top!) gefolgt von Kult-Nummer „Big Spender„. Auch wenn man die Songs wie immer lieber im Original gehört hätte (Deutsche Neuübersetzung von Alexander Kuchina), sorgen Orchester (Dirigiert von Lorenz C. Aichner) und Ensemble dennoch die meiste Zeit für „really good vibes“.

Das Musical beruht übrigens auf dem Federico Fellini-Film „Die Nächte der Cabiria“ (1957), welches US-Dramatiker Neil Simon für die Bühne adaptierte. Die Idee dazu stammt von Broadway-Titan Bob Fosse. Regisseur Johannes von Matuschka hat aus einem bei uns -zu unrecht-eher stiefkindlichen Musical versucht rauszuholen, was im Bereich des Möglichen war. Denn unter den strengen Corona-Auflagen stelle ich mir die Vorlauf-und Probenzeit doch etwas komplizierter vor als jene vor der Pandemie!).

So sorgt der einleitende Film über die Titelheldin Charity (ex aequo mit Direktor Robert Meyers amüsantem „Wie trage ich die Maske richtig“-Intro) schon vorweg für Unterhaltung. Schön auch die visuelle Umsetzung des „Drownings“, des Ertrinken Charitys im See (der Gefühle). Einzig das Bühnenbild hätte vielleicht noch eine kleine Spur ausgefallener sein können. Allerdings machen die schillernden Kostüme eh alles wieder wett.

„Sweet Charity“ kommt vielleicht nicht ganz an Volksopern-Erfolge wie „Wonderful Town“ oder „Cabaret“ aus dem Vorjahr heran, sorgt aber dennoch für einen unvergesslichen Theaterabend mit teils herausragenden Akteuren. Axel Herrig (Vittorio Vidal) und Ines Hengl-Pirker (Ursula March) hingegen kommen gegen den Charme und die starken Stimmen von Caroline Frank und Julia Koci (beide grandios in ihren Rollen) kaum an. Christian Graf überzeugt als Fandango Ballroom-Chef Herman.

„Hey, Big Spender! Spend a little time with ……us!“

FAZIT: Für den absoluten „Höhepunkt“ des Abends (im wahrsten Sinne des Wortes!!!) sorgt wieder einmal Superstar Drew Sarich, dicht gefolgt von der kindlich-lebhaften Titelheldin Lisa Habermann. Peter Lesiak sorgt für Lacher, könnte aber trotzdem noch etwas mehr aus seiner Rolle herausholen.Vor allem zum Ende hin. Caroline Frank und Julia Koci überzeugen schauspielerisch wie stimmlich nebst einem vor Spielfreude sprühendem Ensemble.

Fotos: Barbara Pálffy/Volksoper Wien
 Foto: Johannes Ifkovits/Volksoper Wien

Besetzung

VOLKSOPER WIEN

Währinger Str. 78, 1090 Wien

Karten & Infos: www.volksoper.at

Premiere: So, 13. September 2020

FOTOS

Alle Fotos von Barbara Pálffy/ Volksoper Wien

Chefredakteurin bei CRITICAL MINDS MAGAZIN +++ Ressortleitung: Theater-Film-Stars +++ Davor als Kultur-Redakteurin tätig bei SCHiCKMagazin, KURIER Medienhaus und der Tageszeitung HEUTE.

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