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„Fidelio“ à la Christoph Waltz

Die „Fidelio“ – Übertragung aus dem Theater an der Wien am 20.3.2020

Natürlich war das anders geplant. Jedoch ungewöhnliche Zeiten bringen ungewöhnliche Umstände, aber auch ungewöhnliche Angebote mit sich und so konnten wir die Fidelio Inszenierung von Hollywood Star Christoph Waltz nicht im Theater an der Wien verfolgen, sondern zu Hause vor dem Fernseher.

An dieser Stelle ein großes Dankeschön an die Verantwortlichen und Beteiligten vom Theater an der Wien und dem ORF für die Idee, diese Produktion via TV-Übertragung einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

Es ist toll, dass so viele Kulturinstitutionen im Moment Kulturereignisse kostenlos per Stream zur Verfügung stellen. Das bringt ein wenig Licht in diese herausfordernden Zeiten.

Hier kommt also unsere erste Quarantäne Kritik.

Das Theater an der Wien zeigt Beethovens Fidelio in der zweiten von insgesamt drei Bearbeitungen. Die Uraufführung der ersten Fassung aus dem Jahr 1805 war einigermaßen erfolglos, woraufhin Beethoven diese insgesamt zwei Mal überarbeitete. Nun kehrt die große Befreiungsoper, anlässlich des Beethoven Jahres 2020, an das Theater an der Wien, den Ort ihrer Uraufführung, zurück.

Als Ouvertüre erklingt die Leonoren Ouvertüre Nummer 3, die ein beliebtes Konzertstück ist und seit Gustav Mahler heutzutage üblicherweise als Zwischenspiel im 2. Akt gespielt wird. Manfred Honeck dirigiert die Wiener Symphoniker dynamisch und differenziert.

Bereits während der Ouvertüre bekommt man einen ersten Blick auf das spektakuläre Bühnenbild (Architekturbüro Barkow Leibinger). Die Bühne wirkt wie ein Bild von M.C. Escher. Sie ist eine Konstruktion aus zahllosen Stufen, die ein Gefühl von Unendlichkeit und gleichzeitig Begrenzung vermitteln, aus der es kein Entkommen gibt.

Optisch bietet die Kulisse beeindruckende Bilder, leider stellt sie sich jedoch als sehr limitierend für das Spiel der Sängerinnen und Sänger heraus. Dadurch, dass es keine Freiflächen gibt, schränken die Stufen die Bewegungsfreiheit massiv ein. Es ist lediglich ein Stehen oder Sitzen möglich, wodurch keine Dynamik in der Darstellung und auch keine wirklichen Spannungsfelder möglich sind.

Enttäuschend war aber vor allem die Dialogarbeit. Gerade bei einer Oper mit gesprochenen Szenen, hätte man, zumal von einem Filmschauspieler als Regisseur, hier mehr natürliche Töne erwartet. Dass es nicht an den Sängerinnen und Sängern liegt, zeigt ganz deutlich Mélissa Petit als sehr klangschöne Marzelline, der man eine große Spielfreude ansieht, die aber, wie auch die anderen Darstellerinnen und Darsteller, über weite Strecken ungeführt wirkt.

Nicole Chevalier ist eine lyrische aber durchaus überzeugende Leonore, die in ihren Emotionen auch mehr Differenzierung vertragen hätte, um berühren zu können.

Eric Cutler ist ein mit sehr schönem Tenor ausgestatteter Florestan.

Einer der großen Unterschiede zur letzten Fassung des Fidelio sind die beiden großen Arien von Leonore und Florestan, an deren finalen Überarbeitungen Beethoven gutgetan hat.

Benjamin Hulett ist ein relativ dramatischer Jaquino, der ebenso wie Mélissa Petit große Spielfreude vermittelt.

Christof Fischesser ist ein recht junger Rocco mit sehr schönem Bass-Bariton. Auch Gábor Bretz als Don Pizarro und Károly Szemerédy als sonorer Don Fernando überzeugen stimmlich.

Musikalisch ein sehr erfreulicher Fidelio, der hinsichtlich der Wortdeutlichkeit im Gesang aber deutlich Luft nach oben hat.

Leider wurde aber an Stelle einer differenzierten Inszenierung der Darstellerinnen und Darsteller, hier offenbar mehr Wert auf spektakuläre Bilder gelegt.

Die TV-Erstausstrahlung der Neuproduktion von FIDELIO am Theater an der Wien in einer Inszenierung von Christoph Waltz war am 20. März auf ORF 2 zu sehen. Wer es verpasst hat, kann Fidelio ab jetzt eine Woche lang in der ORF TV Thek nachschauen.

ORF-TV-Kulturchef Martin Traxl:„Wir hatten das Glück, die Oper zu einem Zeitpunkt aufzunehmen, als das unter den gegebenen Umständen noch möglich war. Jetzt sind alle Bühnen geschlossen und das kulturelle Leben ist fast gänzlich zum Erliegen gekommen. Doch wenn die Menschen nicht in die Oper gehen können, bringen wir eben die Oper nachHause–noch dazu ein symbolträchtiges Werk, das für Hoffnung und Freiheit steht, für den Sieg der Liebe über die Tyrannei. Ich danke allen unseren Partnern, den VereinigtenBühnen Wien und der UNITEL, sowie allen Künstlern und Beteiligten, dass wir gemeinsam dieses starke Zeichen setzen können. Denn auch die Kunst ist ein Lebensmittel, das wir gerade jetzt dringend brauchen.“

BESETZUNG

Inszenierung/Regie: Christoph Waltz

Musikalische Leitung: Manfred Honeck mit den Wiener Symphonikern

Der Arnold Schoenberg Chor wurde von Erwin Ortner geleitet.

Bühnenbild: Architekturbüro Barkow Leibinger

Kostüme: Judith Holste 

Lichtdesign: Henry Braham.

MIT

Nicole Chevalier als Leonore (Fidelio)

Eric Cutler als Florestan

Gábor Bretz als Don Pizarro

Christof Fischesser als Rocco

Mélissa Petit als Marzelline

Benjamin Hulett als Jaquino

Károly Szemerédy als Don Fernando

Foto: Vereinigte Bühnen Wien/ vbw.at

WEBSEITE Theater an der Wien: https://www.theater-wien.at/de/ueber-uns/aktuelles/789/FIDELIO-Sendetermine-am-20032020

Link: https://www.myfidelio.at/beethoven-fidelio-20-3-19-00-uhr

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Wir möchten auch noch auf die Streaming Angebote folgender Häuser hinweisen (kein Anspruch auf Vollständigkeit):

Wiener Staatsoper: https://www.staatsoperlive.com/

Globe Wien: https://player.globe.wien/

Metropolitan Opera New York: https://www.metopera.org/user-information/nightly-met-opera-streams/

Bayrische Staatsoper: https://www.staatsoper.de/stream.html

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